In der Europäischen Union gibt es rund 160 Mio. ha Wald. Im Gegensatz zur weltweiten Waldfläche ist dieser in den vergangenen 30 Jahren um rund 14 Mio. ha angewachsen. 48 % der österreichischen Staatsfläche, also etwa 4 Mio. ha, sind bewaldet. Jährlich wächst die Waldfläche in der Alpenrepublik um etwa 3400 ha.
Beim Pressegespräch „Wald im Klimawandel: Wie wir heute für die nächsten 100 Jahre planen“ am 29. September stellten Experten aus Forstbetrieben, Forschung sowie der Politik Lösungswege vor, um Wälder klimaangepasst, stabil, artenreich, CO2-speichernd und nachhaltig bewirtschaftet zu halten.
Nachhaltigkeit und Wertschöpfung im Wald
Stolz auf ihre Alma Mater Viridis: R. Kautz (ÖBf), J. Pirolt (L&F Betriebe), E. Moser (BML), W. Ehrenhöfer (Land Steiermark) sowie E. Schulev-Steindl und H. Hasenauer (BOKU), (v. li.) © BOKU Medienstelle/Christoph Gruber
„Eine exzellente Ausbildung sowie Forschung sind entscheidend, um Waldwirkungen zu sichern und den Waldumbau praxisnah zu gestalten“, betonte Elfriede Moser, Sektionschefin Forst und Regionen im Bundeslandwirtschaftsministerium (BML).
80% der österreichischen Wälder sind in Privatbesitz, 15% werden von den Österreichischen Bundesforsten (ÖBf) betreut. Alle Redner plädierten für eine aktive Waldbewirtschaftung um auf die Herausforderungen des Klimawandels in den nächsten Jahrzehnten zu reagieren. Gleich mehrfach wurde auf den innerhalb der Forstbranche weithin akzeptierten Nachhaltigkeitsbegriff von Carl von Clausewitz mit seinem Drei-Säulen-Modell (ökologische, ökonomische sowie soziale/kulturelle Nachhaltigkeit) verwiesen. „Der Rohstoff Holz ist im Waldland Österreich die wichtigste heimische Ressource. Ein Erntefestmeter Holz schafft eine Bruttowertschöpfung von 1212 € für die heimische Wirtschaft. Die gesamte Wertschöpfungskette sichert 300.000 Arbeitsplätze“, informierte Jana Pirolt von den Land&Forst Betriebe Österreich. Willibald Ehrenhöfer, Landesrat für Wirtschaft und Finanzen in der Steiermark sowie ehemaliger Forstdirektor des Forstbetrieb Franz Mayr-Melnhof-Saurau. hob hervor, „das Holz nicht nur ein wertvoller Roh-, Werk- sowie Wertstoff, sondern ein echter Zukunftsmotor ist. Mit der dynamischen Waldtypisierung zeigen wir in der Steiermark, wie Forschung, Technologie und Tradition Hand in Hand gehen und leisten damit zugleich einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz“.
Fichte, quo vadis
Laut Hubert Hasenauer, Professor für Waldbau an der BOKU, wächst die Fichte in Österreich auf etwa 500.000 ha außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets, oft anstelle der Buche. Da beide Baumarten einen ähnlichen Wasserbedarf haben, könnten sich mit veränderten Niederschlagsmustern infolge des Klimawandels in den nächsten Jahrzehnten vermehrt Borkenkäferkalamitäten bei der Fichte oder Trocknungsschäden bei der Buche einstellen. Ziel sei, ähnlich wie bei dem „Jahrhundertprojekts `Wald der Zukunft´ der ÖBf „ein artenreicher Mischwald, mit Baumarten, die von Natur aus am Standort vorkommen und aus eigener Kraft nachwachsen“, informierte der Leiter der ÖBf-Unternehmensentwicklung Roland Kautz. So planen die ÖBf in den nächsten Jahrzehnten den Fichtenanteil auf ÖBf-Flächen von 57 auf 37% zu reduzieren. Tannen, Lärchen sowie Buchen (22%, + 4%), Eichen, und andere Laubbäume werden zunehmen und die Wälder stabilisieren. Allein der Lärchenanteil soll auf 18% verdoppelt werden. Die Ausbeute an sägefähigem Holz ist bei Nadelbäumen mit rund 80% deutlich höher als bei Laubbäumen mit etwa 50%, weshalb aus ökonomischen Gesichtspunkten Nadelholz stärker gefragt ist.
Von neuen Baumarten und Saatgut
Hasenauer berichtete, dass an der BOKU Forschungen zum Anbau ‚neuer‘ Baumarten wie Douglasie, Zeder oder Roteiche laufen. Dabei werden verschiedene Herkünfte auf ihre Widerstandsfähigkeit und genetische Eigenschaften geprüft. „Die Geschwindigkeit der notwendigen Anpassungen an die klimatischen Veränderungen wird voraussichtlich immer kürzer werden. Deswegen ist es wichtig, die Verfügbarkeit und Qualität hochwertigen Saatgutes zu gewährleisten, betonte Ehrenhöfer.
Forstwirtschaft an der BOKU - gestern, heute, morgen
Seit 1875 kann man an der BOKU Forstwirtschaft studieren. Die erste Absolventin war Helvig Habsburg-Lothringen (geb. Schütte) 1936. Bis in die 1980er-Jahre entschlossen sich nur wenige Frauen pro Jahr, Forstwirtschaft zu studieren, heute liegt der Frauenanteil bei 36%: 2024 sind von 174 Bachelorstudierenden im ersten Jahr 57 Frauen.
Es gibt fünf Masterstudiengänge, davon werden European Forestry und Mountain Forestry auf Englisch angeboten. Der Ausländeranteil beträgt 23% im Bachelor und 42% im Master. In den Studiengängen Wildtierökologie und Wildtiermanagement sowie European Forestry ist das Geschlechterverhältnis ausgeglichen, in den übrigen dominieren Männer. Am niedrigsten ist der Frauenanteil mit 20% im Studiengang Alpine Naturgefahren.
Die BOKU verbindet im Forststudium Naturwissenschaften, Technik und Wirtschaft. „Das Studium ist modern und praxisnah, forschungsgeleitet und bereitet optimal auf den Beruf vor“, betonte BOKU-Rektorin Prof. Dr. Eva Schulev-Steindl. „Es bietet das ideale Rüstzeug, um aktiv Lösungen für die Zukunft unserer Wälder mitzugestalten“, ergänzte Pirolt. „Wir sind Generalisten mit spezialisiertem Forstwissen“, fügte Ehrenhöfer hinzu.