Die Vegetation des militärischen Sperrgebiets konnte bei einer Exkursion im Rahmen der Österreichischen Forsttagung besichtigt werden. © Christa Feichtner
Das militärische Sperrgebiet im Waldviertel entstand 1938 unter dem NS-Regime auf einer Fläche von 15.700 ha (50% Wald, 50% Offenland) zunächst unter dem Namen Döllersheim. Die unfreiwilligen Absiedelungen erfolgten in Wellen und betrafen etwa 6.800 Menschen aus 42 Ortschaften, zuletzt im Jahr 1942. Nach Kriegsende wurde der Truppenübungsplatz von der Sowjetunion beschlagnahmt. Die Gebäude und auch der Wald wurden sehr stark in Mitleidenschaft gezogen. 1955 ging das Gebiet in das Eigentum der Republik Österreich über und bleibt bis heute ein Übungsplatz für das Österreichische Bundesheer. Jährlich nutzen etwa 30.000 Soldaten aus dem In- und Ausland das Gelände. Bei 270 Schießtagen pro Jahr ergeben sich hohe Blindgängerbelastungen. Ein 750 km-Straßen- und Wegenetz ist angelegt. Für viele bedrohte Tier- und Pflanzenarten bietet die Großräumigkeit und Unzugänglichkeit einen idealen Rückzugsort. Daher ist ein Großteil als Natura 2000-Gebiet ausgewiesen. Das Gelände ist abwechslungsreich hügelig gegliedert und weist neben Bächen auch Sumpfstreifen auf. Unter anderem fühlen sich Biber, Otter, See-, Fischadler, Schwarz-, Weißstörche sowie ein Wolfsrudel heimisch.
Im Unterschied zu althergebrachter Waldbewirtschaftung hat der Wald hier militärische Bedürfnisse zu decken. „Die forstlichen Ziele leiten sich von den militärischen Notwendigkeiten an die jeweilige Waldfläche ab und werden in Form von Waldfunktionen definiert: Lärm-, Sicht-, Staub-, Brand- und Erosionsschutz sind die wesentlichen Waldfunktionen am TÜPl A. Für das Militär ist der Bewuchs mit seiner Kulissenfunktion bei Übungen im Gelände unverzichtbar und nimmt eine sehr hohe Bedeutung ein. Daher sind der Aufbau und die Erhaltung der stabilen Mischwaldökosysteme für diese Funktionen die forstlichen Betriebsziele“, informiert Oberst Andreas Berger.
Als unmittelbare Folge der gravierenden Borkenkäferschadereignisse – massiv seit 2007 nach dem Sturm Kyrill, gefolgt von Paula, Emma und einem Eisbruch 2014 – sind große Kahlflächen am TÜPl A entstanden. Von 2007 bis 2019 wurden 1,4 Mio. Efm genutzt. Bisher sind rund 3.600 ha in Wiederbewaldung und auf etwa 500 ha steht Totholz. Auf diesen unbewaldeten Flächen stellt sich rasch ein dichter Grasbewuchs ein. Der ausgetrocknete Grasbewuchs bietet vor allem im März und April eine sehr leicht entzündliche brennbare Biomasse mit hohem Gefahrenpotenzial für einen Waldbrand. Dieser Feuergefahr wird aktiv entgegengewirkt.
Die forstlichen Ziele leiten sich von den militärischen Notwendigkeiten an die jeweilige Waldfläche ab: Lärm-, Sicht-, Staub-, Brand- und Erosionsschutz sind die wesentlichen Waldfunktionen.
Aktives Brandmanagement
„Der TÜPl A ist der einzige Übungsplatz Österreichs, wo mit allen im Bundesheer eingeführten Waffensystemen im Verbund und in Bewegung scharf geschossen werden kann“, klärt Brigadier und TÜPl-Kommandant Christian Riener auf. Durch den Schießbetrieb auf 16 Schießbahnen kommt es unweigerlich jährlich zu mindestens 20 Flur- und Waldbränden. Unter Brandschutzmaßnahmen versteht man die Anlage und Pflege von gemähten und gemulchten Brandschutzstreifen und das rasche Wiederherstellen einer Überschirmung des Waldbodens mit Holzgewächsen, um dessen Wasserhaushalt zu verbessern. 150 km Brandschutzstreifen im Offenland werden mindestens zweimal im Jahr gemäht. Derzeit wird ein Brandschutzschneisensystem eingerichtet und die Waldfläche in Brandabschnitte gegliedert. Im Zuge von Brandschutzübungen werden im Winter große Flächen gezielt abgebrannt, damit sich die Brandlast auf der Fläche verringert.
„Täglich wird die Brandgefahr beurteilt. Eine fünfstufige Gefährdungsskala kommt zum Einsatz. Ausgehend von der Brandgefahr wird der Beurteilung das Schießvorhaben gegenübergestellt und entschieden, welche Munitionssorte zur Verwendung kommt. Hinter der Angriffsspitze steht die Feuerwehr bereit, um mögliche Entstehungsbrände eindämmen zu können. Ab der Gefahrenstufe „Mäßig“ stehen eigene gepanzerte Löschfahrzeuge bereit“, schildert Berger.
Oberst Andreas Berger verweist auf die Besonderheiten des Steyr Terrus für den Einsatz auf militärischen Schießbahnen. © Christa Feichtner
Splittergeschützte Forsttechnik
Auf etwa 8.000 ha kann aufgrund der Blindgängergefahr nur mit gepanzerten Maschinen – Traktor und Harvester – gearbeitet werden. Die splittergeschützte Kabine aus Stahl und Keramik des Steyr Terrus 6300 CVT wiegt alleine 3.000 kg. Mit 8 cm dickem Panzerglas entspricht dies derzeit dem modernsten und höchsten Splitterschutz im Österreichischen Bundesheer. In Verwendung sind neun Steyr-Traktoren mit Härtefunktion, um 8 kg TNT-Sprengstoff auszuhalten. 200.000 € betragen allein die Härtungskosten pro Maschine – eine Investition, die sich für die Maschinisten schon bezahlt gemacht hat, denn mehrere Blindgängerauslöser haben sich bereits ereignet.
Das bedeutet, dass jede Nutzung oder Pflegemaßnahme mit dem militärischen Betrieb exakt abgestimmt werden muss. Dies geschieht mit einem integrierten Management, wo alle Nutzungen zeitlich und räumlich vereinbart werden. Dabei sind mehrere Planungszyklen nötig, um für jeden Tag einen abgestimmten Nutzungsplan zu erhalten, damit bei Aufrechterhaltung des militärischen Schießbetriebs alle beabsichtigten Wartungs- und Pflegearbeiten durchgeführt werden können. 14 Tage vor einem Eingriff steht die Planung fest und wird nicht mehr geändert. Diese Planungen sind aufwendig, aber notwendig, denn 100.000 bis 160.000 fm Holz werden pro Jahr kalamitätsbedingt geerntet.
Die natürliche Waldgesellschaft ist der Subherzynische Fichten-Tannen-Buchen- Mischwald mit hohem Fichtenanteil. Fichten sind mittlerweile besonders gefährdet. Ein waldbauliches Ziel ist daher die Risikostreuung. 14 verschiedene Baumarten kommen vor. Eschen, Ahorne, Birken, Weiden und auch Eichen wachsen in Naturverjüngung an. Die Einbringung von Eichen-Buchen-Mischwaldgesellschaften wie Traubeneichen-Hainbuchenwälder, Rotföhren-Eichenwälder, Stiel- und Traubeneichenmischwälder mit Linden, Spitzahorn und Hainbuche sind Ziele. „Auch Schwarznuß wird gesetzt. Einzelbaumschutz kommt immer wieder zum Einsatz. Roteiche, Douglasie und Strobe sind Gastbaumarten. Denn aus dem militärischen Blickwinkel gesehen bieten grobborkige Arten einen besseren Schallschutz. Die Pflege in den Folgejahren übernehmen zum Teil Dienstleister, die den Zuschlag auf Ausschreibungen über 15.000 Stunden erhalten haben“, berichtet Förster Clemens Böhm.
In den Aufforstungen nach der Bernot-Methode schützt die Fichte den Laubholz-Zielbaum. © Christa Feichtner
Bernot-Methode
Aufgeforstet wird mit Heistern, wurzelnackten Pflanzen oder auch nach einer speziellen Methode, die sich Rolf Bernot, einst Forstmeister der Fürstenberg’schen Forst- und Güterdirektion in Weitra und langjähriger Forstzeitungs-Kolumnist, einfallen hat lassen. In einem größeren gemeinsamen Pflanzloch wird der Laubholz-Zielbaum, geschützt von ein bis zwei Fichten, gesetzt. Die Flächen mit dem Verband von 1 x 1 m werden in den ersten Jahren gemäht. Damit ist kein Einzelbaumschutz aus Kunststoff nötig, der bei eventuellen Flurbränden mit dem Baum verschmelzen würde. Flächen für weitere Wiederbewaldungsversuche stehen ausreichend zur Verfügung, um klimafitte Wälder für die Zukunft sicherzustellen.
Webtipp: www.tuepl.at