CEE-Konferenz

Die Prager Erklärung

Ein Artikel von Raphael Kerschbaumer | 04.06.2025 - 08:17
Jöbstl_CEE_rgb.jpg

Mit gutem Beispiel voran: Herbert Jöbstl, Obmann des Fachverbands der Holzindustrie Österreich, bei der Unterzeichnung der Prager Erklärung © Norman Schirmer/Fachverband Holzindustrie Österreich

„Eine leistungsfähige und wettbewerbsfähige europäische Holzindustrie ist ein zentraler Baustein, um strategische Ziele der Europäischen Union zu erreichen – insbesondere im Hinblick auf Umweltpolitik, Innovation und Beschäftigung“, heißt es in der jüngst beschlossenen Prager Erklärung. Dieses Positionspapier vereint die Interessenverbände aus Österreich, Polen, Kroatien, Tschechien, Ungarn, der Slowakei und Slowenien. Deutschland unterstützt die Erklärung ebenfalls – das bedeutende Waldland und größter Nadelschnittholz-Produzent Europas war durch den Deutschen Forstwirtschaftsrat (DFWR) und dessen Präsident Georg Schirmbeck vertreten.

In der europäischen Forst- und Holzwirtschaft existieren hunderte Verbände – und jeder vertritt seine eigene Position gegenüber Brüssel. Ziel muss es sein, mit einer gemeinsamen Stimme aufzutreten. Der bisherige Weg führt dazu, dass unsere Anliegen kaum Gehör finden.


Georg Schirmbeck, Präsident des Deutschen Forstwirtschaftsrates (DFWR)

Aktive Waldbewirtschaftung als Voraussetzung

Ohne eine stabile Versorgung mit Rundholz kann es keine funktionierende Forst- und Holzindustrie geben. Diese einfache Erkenntnis wird durch regionale Außernutzungsstellungen zunehmend infrage gestellt, wurde in Prag bemängelt.

„Unsere Unternehmen sind auf Wälder angewiesen, die seit Generationen nachhaltig bewirtschaftet werden. […] Ein gesicherter und stabiler Zugang zu Holz ist entscheidend für die Aufrechterhaltung einer wettbewerbsfähigen und funktionierenden Wertschöpfungskette“, heißt es im Positionspapier.

Die Verbände fordern daher ein klares und verbindliches Bekenntnis der EU und der Mitgliedstaaten zur nachhaltigen Waldbewirtschaftung. Stilllegungen großer Waldflächen stoßen auf deutliche Kritik. Insbesondere Kleinwaldbesitzer sollen vor übermäßiger Bürokratie geschützt und durch gezielte Anreize zur aktiven Bewirtschaftung ermutigt werden, um das Rohstoffpotenzial besser zu nutzen.

In diesem Zusammenhang äußern die CEE-Verbände auch scharfe Kritik am geplanten EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur („Nature Restoration Law“/NRL). „Waldschutz und nachhaltige Bewirtschaftung schließen sich nicht aus, sondern ergänzen sich“, heißt es. Ein generelles Nutzungsverbot verhindere notwendige Anpassungen der Wälder an den Klimawandel. Dies würde nicht nur die Rohstoffverfügbarkeit einschränken, sondern auch die Erreichung der Klimaziele gefährden. Laut den Verbänden würde die geplante Unterschutzstellung von 10 % der Landfläche – wie sie das NRL vorsieht – das Holzangebot in der EU um bis zu 48 % verringern. Es könne nicht sein, dass „Nichtbewirtschaftung mit höherem Klimaschutz gleichgesetzt wird“. Die nachhaltige Holznutzung und langfristige Bindung von CO2 in Holzprodukten müsse Vorrang haben, auch um die Wälder als dynamische Kohlenstoffsenken zu erhalten.

Der massive Borkenkäferausbruch von 2018 bis 2022 war kein isoliertes Ereignis, das sich nicht wiederholen könnte.


Róbert Marušák, Professor für Forstwirtschaft an der Tschechischen Agraruniversität Prag

Neuausrichtung des Green Deal und Holzbauinitiative

Die Zielsetzung des Green Deals, ein klimaneutrales Europa bis 2050, wird von den Verbänden unterstützt. Allerdings seien grundlegende Änderungen notwendig, um Holz als zentrales Element einer zirkulären Bioökonomie zu verankern.

Beim Thema Holzbau gibt es ebenfalls viel aufzuholen: So behindern laut Verbänden „regulatorische und bürokratische Hürden“ den flächendeckenden Einsatz von Holz als Baustoff. Gefordert wird eine umfassende Vereinfachung, Harmonisierung und Modernisierung bestehender, teils überholter Vorschriften. Die CEE-Verbände signalisieren dabei ihre Bereitschaft, aktiv an der Ausgestaltung eines praxistauglichen rechtlichen und normativen Rahmens mitzuwirken.

Wir müssen der Europäischen Kommission einen Schritt voraus sein – nur so können wir echten Einfluss nehmen. Aktuell reagieren wir meist erst auf fertige Gesetzesvorschläge. Doch dann ist es oft bereits zu spät.


Georg Schirmbeck, Präsident des Deutschen Forstwirtschaftsrates (DFWR)

EUDR: Kritik an Umsetzung

„Seit Veröffentlichung der EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) und trotz ihrer Verschiebung auf 2026 gibt es keine wesentlichen Fortschritte in Richtung einer praxisgerechten und rechtssicheren Umsetzung“, heißt es in der Prager Erklärung. Neue Leitlinien und FAQ führten zu wachsender Komplexität und Unsicherheit. Widersprüchliche Formulierungen, mangelnde Rechtsverbindlichkeit und erheblicher bürokratischer Aufwand erhöhten das Risiko für Fehlinterpretationen und Rechtsstreitigkeiten innerhalb der Mitgliedstaaten.

Die Forderungen der Verbände sind klar:

  • Einbeziehung der EUDR in die Omnibus-Initiative der EU zur Reduzierung bürokratischer Belastungen
  • Einführung einer zusätzlichen Risikokategorie „insignificant risk“ für Länder oder Regionen ohne relevantes Entwaldungsrisiko. Hier soll eine vereinfachte Dokumentationspflicht in Anlehnung an die EUTR-Richtlinien gelten.
  • Rechtliche und technische Klarheit, die auch für KMU praktisch umsetzbar wird.
  • priorisierte Fokussierung auf Hochrisikoländer
  • Konzentration auf die Erstinverkehrbringung

„Die EUDR droht in ihrer jetzigen Form zum Symbol für Überregulierung zu werden und nicht für wirksame Umweltpolitik“, heißt es dazu in der Erklärung. Die EUDR in ihrer aktuellen Form müsse demnach grundlegend überarbeitet oder – im besten Fall – gänzlich aufgehoben werden.